Der Architekt und Designer Henry van der Velde initiierte 1908 die Kunstgewerbeschule Weimar und wurde deren Direktor. Sein Nachfolger Walter Gropius entwickelte ein neues Konzept und gründete hier 1919 das erste Staatliche Bauhaus. Gropius verstand die Architektur als Gesamtkunstwerk und holte führende Künstler nach Weimar: Feininger, Itten, Klee, Kandinsky und Schlemmer. Als Formmeister schufen sie gemeinsam mit den Werkmeistern und der einzigen Meisterin Gertud Grunow einen avantgardistischen Stil der klassischen Moderne, der bis heute prägend ist.
In Kursen und Werkstätten lernten und praktizierten die Studierenden die Vereinigung von Kunst und Handwerk. Sie stiegen als Lehrlinge in die Werkstätten ein und legten in vorgegebener Frist ihre Gesellen-Prüfung ab. Die Architekturlehre bildete dabei zunächst keinen Studienschwerpunkt, sondern orientierte sich an den Aufträgen des autonomen Architekturbüros von Gropius. In der Ausbildung ging es zunächst darum, keine überlieferten Gewissheiten zu akzeptieren sondern die Dinge neu zu denken. So konnte ein Stil entstehen, der den künstlerischen Aufbruch in die Moderne ebnete.
Nachdem sich die politische Situation in Thüringen änderte und Zuschüsse erheblich gekürzt wurden erklärten die Meister die Auflösung des Bauhauses in Weimar zum 1. April 1925.
Nach Verhandlungen mit mehreren Städten fiel die Entscheidung auf Dessau als neuer Standort. Im Gründungsmanifest zum Bauhaus hatte Walter Gropius geschrieben: Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft… In Dessau konnte dieser neue Bau nach Gropius‘ Plänen realisiert werden und die Schule für Kunst-, Design- und Architektur zur Ikone der Moderne.
Nach dem Weggang der Bauhäusler existierte in den Häusern in Weimar weiterhin eine Hochschule für das Bauwesen – sowohl während des Nationalsozialismus als auch in der Zeit der Demokratischen Republik.
Mit der deutschen Wiedervereinigung gab es eine Neustrukturierung und die Ausbildungsstätte wurde zur heutigen Bauhaus-Universität Weimar. Das alte Haupthaus wurde renoviert und in den Originalzustand versetzt.
Bei unserem Rundgang treffen wir im Treppenaufgang auf die Wandmalereien von Oskar Schlemmer und Herbert Bayer, dem damaligen Jungmeister für Druck und Reklame. Wir haben Einblicke in die Ateliers und sehen Architekturmodelle und Raumkörper, die auf die klassische Moderne verweisen. Das Bauhaus ist in Weimar wieder präsent.