Es stehen nur Reste der drei Meter hohen Mauer, die einst das größte Sammellager umspannte, in das Juden deportiert wurden. Die Nationalsozialisten pferchten bis zu 400.000 Menschen in ein vier Quadratkilometer großes Areal, dass sie Jüdische Wohnstadt nannten. Ein Ghetto, in dem gelebt und gearbeitet, gehungert und gestorben wurde. Trotz des Elends gab es Anstrengungen, Kultur zu leben und Würde zu behalten. Und es gab Widerstand: einen Aufstand von vier Wochen, dessen Niederschlagung mit der Zerstörung des Ghettos endete.
Nur wenige Häuser blieben nach der Zerstörung erhalten. Als wir das Areal 2011 besuchten, waren diese noch nicht (wie heute) renoviert und an den Mauern hingen Portraits zum Gedenken an die Bewohner:innen. Menschen aus Warschau und anderen Gebieten, die hierher transportiert wurden, da sie jüdischer Abstammung waren. Menschen, die hier leben mussten, da sie sterben sollten; die hier zu sein hatten, bevor sie ins KZ transportiert wurden.
Umschlagplatz steht auf Deutsch an der Gedenkstätte, die 1988 am Güterbahnhof von Warschau errichtet wurde. Die Güter, die hier am Rand des Ghettos 1942 und 1943 umgeschlagen wurden, waren Menschen. Über 300.000, die in Güterwagen gedrängt und zum Vernichtungslager Treblinka und andere KZs deportiert wurden. Ein Stein erinnert an diejenigen, die versuchten, sich dem Sterben zu widersetzen. Sie wurden hier begraben, an der Stelle, an der sie getötet wurden. Nur wenige sind namentlich bekannt.
Zum Gedenken des Aufstandes im Warschauer Ghetto wurde bereits zwei Jahre nach Kriegsende das Denkmal der Helden des Ghettos errichtet. Auf den Stufen dieses Ehrenmals gab es im Dezember 1970 den Kniefall von Willy Brandt. Nach einer Kranzniederlegung kniete der deutsche Bundeskanzler vor der Figurengruppe und gedachte der Opfer. Eine Geste von einem, der selbst vor den Faschisten geflohen war. Von einem, der als Vertreter des Landes, dass die Verbrechen beging, um Vergebung bat.