Die ausgewählten Hausfassaden der nordjapanischen Stadt Otaru sind nicht schön, zumindest nicht auf den ersten Blick. Die eher einfachen Häuser der Hafenstadt zeigen aber eine überzeugende ästhetische Gestaltung. Die Flächen, Formen und Farben spielen miteinander und schaffen einprägsame Bilder. Unterschiedliche Gründe von Putz, Klinker und Metall korrespondieren mit Stegen, Leisten und dem Glas der Türen und Fenstern. Dazu gesellen sich Schriften und temporäre Elemente wie Pflanzen und abgestellte Gegenstände.
Früher war Otaru ein zentraler Fischereihafen. Das wirtschaftliche Zentrum der nördlichen japanischen Insel Hokkaidō verlagerte sich jedoch zunehmend in die nahe gelegene Millionenstadt Sapporo. Otaru fungiert heute eher als Vorstadt. Die Stadt besteht größtenteils aus aktuellerer Architektur und die in diesem Beitrag gezeigten Häuser sind nicht repräsentativ. Die Auswahl zeigt Ansichten, die aus meiner Sicht eine besondere Ästhetik abbilden.
Eine Schönheit des Belanglosen und vermeintlich Hässlichen, des Abseitigen und Ungewürdigten.
Eine gebrochene Retro-Farbigkeit auf schrundigen Gründen aus Holz, Stein, Metall und Kunststoff. Auf Gründen, die Gebrauchsspuren zeigen, die benutzt sind.
Die gewählten Fassaden und Häuser aus Otaru sind Beispiele einer Zeit der Moderne zwischen der ursprünglichen Bebauung mit Holzhäusern und der zumeist ausdruckslosen und in Japan allgegenwärtigen Nachmoderne. (Spannend wird es erst wieder mit der zeitgenössischen Architektur.) Da es von den Holzhäusern nur noch Wenige gibt, bilden die hier gezeigten Beispiele der Moderne die älteste noch in größerem Umfang vorhandene Bausubstanz.