Le Havre: Musterwohnung

Das neue Stadtensemble von Le Havre, nach dem zweiten Weltkrieg vom Architekten Auguste Perret konzipiert, erhielt im Jahr 2005 die Anerkennung als Welterbe. Eine Musterwohnung ist mit den Möbeln ausgestattet, die in ihrer Erbauungszeit zwischen 1945 und 1954 in vielen der neuen Wohnungen zu finden waren. Wie der Architekt hatten auch die  Möbeldesigner den Anspruch, durch eine Massenproduktion Produktionskosten so zu minimieren, dass der Komfort allen Menschen zugute kommen konnte.

In der Ausstellung Modernes Wohnen mit modernen Möbeln stellte der Designer René Gabriel 1947 seine Möbel in Paris vor. Sie passten perfekt zum Konzept der rationalen Bauweise der modernen Wohnungen. Die Möbel des Wohnzimmers der Musterwohnung  stammen von Gabriel.

Trotz der Massenproduktion waren die Möbel so gut verarbeitet, als ob sie von einem Schreiner in Handarbeit gefertigt worden wären. Und die Materialein, wie das verwendete regionale Eichenholz, gaben den Möbeln Stabilität und Haltbarkeit.
Zum Badezimmer führen drei Türen aus verschiedenen Zimmern. Es hat keine Fenster, ist aber an einem von Perret entwickeltem Lüftungssystem angeschlossen. Die vorgefertigten Blockelemente der Badewanne, des Bidets und des Waschbeckens waren so konzipiert, dass sie ohne spezielleres Fachwissen installiert werden konnten. Eine Maßnahme, um die Ausstattung bezahlbar zu machen.

Die Küche war mit einer Einbauküche – wiederum aus vorgefertigten Modulelementen – und einem Kühlschrank ausgestattet. Ein Luxus, den zunächst nur 30 % der französischen Haushalte aufweisen konnten. Details in der Küche zeigen weitere Errungenschaften, die zur damaligen Zeit nicht üblich waren und das Leben vereinfachten: wie einen Toaster, den Schnellkochtopf und eine elektrische Kaffeemühle. Das Leben wurde insgesamt funktionaler, wurde moderner. Interessant auch der Wäschetrockner, der mit einem System über Rollen unter die Decke gezogen werden kann.

Das Kinderzimmer ist mit Möbeln von Marcel Gascoin ausgestattet. Der in Le Havre geborene Designer spezialisierte sich auf modulare Einheiten und Möbelsets. Er entwickelte stabile Eichenholzmöbel mit klaren Linien, einfach zu reinigen und einfach zu produzieren. Der Kleiderschrank ähnelt einem Reisekoffer, in dem möglichst viele Dinge platzsparend untergebracht werden können. Die Regale und der Schreibtisch können je nach Alter und Größe der Kinder höher oder tiefer gehangen werden. In der Rezeption heißt es: Gascoins Möbelsets waren mobil und modular, elegant, gut gebaut und ergonomisch, ein Musterbeispiel der Moderne.

Zwischen dem Eingang und dem offenen Wohn-/Essbereich steht mitten in der Wohnung eine Säule. Diese trägt mit Säulen in den Außenmauern das Gebäude. Die Säulen haben einen Abstand von je 6,24 m und das Doppelte ergibt damit die Breite der Häuser. Die Mauern selber haben keine tragende Funktion und lassen sich deshalb variieren und mit vielen hohen Fenstern auflockern. 

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