Latina: Mussolinis Moderne

Die Moderne in der italienische Architektur ist nicht ganz einfach zu greifen. Bereits seit Anfang der 1920er Jahre war Mussolini an der Macht und begründete einen faschistischen Staat. Zu einer Zeit, als Le Corbusier in Paris sein Architekturbüro eröffnete und Gropius in Weimar das Bauhaus gründete. Der italienische Realismus griff die Strömungen der internationalen Moderne auf 

Unter Mussolini verfolgte Italien in den 1920er Jahren die Doktrin, neue landwirtschaftlich nutzbare Flächen zu generieren. Eins dieser Projekte war die Trockenlegung der südlich von Rom gelegenen Sumpfgebiete. Da den dort neu angesiedelten Betrieben bald ein Verwaltungszentrum fehlte, wurde der Architekt Oriolo Frezzotti beauftragt, die Stadt Latina (die zunächst Littoria hieß) zu planen. Der Grundstein wurde 1932 gelegt. Die Luftaufnahme von 1934 zeigt den Fortschritt der Bebauung mit dem oben abgebildeten Rathaus an der Piazza del Popolo im Zentrum.

Der angewandte architektonische Stil des italienischen Rationalismus‘ wurde von Schriften Le Corbusiers, der Bewegung De Stijl und dem Bauhaus beeinflusst. Bauten sollten funktional sein und durch genormte Bauteile gleichzeitig preiswert und komfortabel sein. Daneben verweisen einige Gebäude in Latina auf die Entstehungszeit im Faschismus. Das Casa des Combattende (Haus des Kämpfers) dient der Erinnerung an Kriegsgefallende und beherbergt, wie es in deren Selbstdarstellung heißt, Kampf- und Waffenverbände, die Werte und Traditionen wachhalten wollen.

Der Säulendurchgang der Finanzbehörde zeigt einen Neoklassizismus, der den Vorstellungen des autoritären Regimes entsprochen haben wird. Hier zeigt Latina unterschiedliche Aspekte einer Moderne, die sich zwischen funktionalen und monumentalen Elementen bewegt. 
Das zylindrische Gebäude an der Piazza San Marco (unten links) wurde 1932 von Oriolo Frezzotti für die faschistische Jugendorganisation Opera Nazionale Balilla gebaut. Es zeigt noch heute den Schriftzug Opera Balilla über dem Eingang, ist aber jetzt ein Museum für den Jugendstil-Künstler Duilio Cambellotti.

Der Palazzo delle Poste e dei Telegrafi an der Piazza dei Bonificatori wurde 1932 vom Architekten Angiolo Mazzoni erbaut. Da er das Gebäude um Elemente ergänzte, die den monumentalen Stil störten, wurden diese kurzerhand wieder entfernt.

Monumental wirken auch die Blöcke der Versicherungsgesellschaft Istituto Nazionale delle Assicurazioni, deren schwarzer Schriftzug wirkmächtig an den Gebäuden angebracht wurde. Daneben sind die breit angelegten Straßen ein Ausdruck der monumentalen und futuristischen Fiktion. Die Moderne mischt sich in Italien anderes als in Deutschland mit einer neoklassizistischen und faschistischen Architektur und Stadtplanung. Dies ist in Latina zu erleben und Mussolini wird es gefallen haben, wie die Abendsonne den Portikus an der Piazza del Popolo durchstrahlt. 

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