Sant’Agata de‘ Goti, nordöstlich von Neapel gelegen, zählt zu den schönsten Orten Italiens. Und das zurecht. Von der Ponte Romana, die sich über ein bewaldetes Tal spannt, zeigt sich die imposante Fassade der Stadt. Wie eine Burg reichen die Mauern der Häuser ins Tal, um Eroberer abzuhalten. Doch es gab diese Eroberungen, seit der Ort 343 v. Chr. als ein befestigtes römisches Lager erstmals erwähnt wurde.
Wir betreten die Stadt über die Piazza Trieste in deren Mitte ein Denkmal für Gefallene steht. Rechts davon zeigt sich das Castello Ducale mit einer ähnlich abweisenden Mauer wie die der Stadt. Wir umrunden die Burg, können in den Innenraum aber nur durch ein Fenster blicken.
Die Burg stammt aus dem frühen Mittelalter, wurde mehrfach umgebaut, zeigt aber noch heute ihren normannischen Ursprung. Doch wir lassen die Burg und folgen wir dem Weg in die Stadt. Eine typisch italienische Kleinstadt mit ihren Gassen, den Balkons und der draußen hängenden Wäsche. Was fast fehlt, sind die vorbei sausenden Vespas, da die Stadt frei ist von motorisiertem Durchgangsverkehr. Zumindest dieser alte Teil der Stadt. So lässt es sich angenehm schlendern und die Zeit scheint stehen geblieben. Wenn wir an den Rand der Stadt kommen, gehen wir durch halb gemauerte und halb in Stein geschlagene Durchfahrten. Über die begrenzende Mauer haben wir hin und wieder einen Blick auf die hügelige Landschaft der umgebenden Region Kampanien.
Auf dem Weg ins Zentrum wird es eleganter. Die Straßenpflasterung glänzt wie poliert und einige Gassen werden von Arkadengängen begleitet. Dabei sind die staatlichen Gebäude nicht so gut umsorgt: am Rathaus fehlen Buchstaben der Beschriftung. Den kirchlichen Bauten geht es da besser und die Kathedrale scheint frisch renoviert. Da wünschte ich mir allerdings, dass es im Laufe der Jahrhunderte weniger Überarbeitungen gegeben hätte und die Kirche noch in ihrer ursprünglichen romanischen Gestaltung zu sehen wäre. Jetzt ist alles barock zugekleistert und verliert damit doch leider an Zauber. In der Bewertung für die schönsten Orte kann Sant’Agata de‘ Goti hiermit nicht punkten.
In den Einkaufsstraßen ist Betrieb. Die kleinen Läden öffnen wieder nach der Mittagspause und bieten Notwendiges. Es gibt den Alimentari, die Farmacia und den Obst- und Gemüseladen. An einer Ecke entdecken wir ein kleines Kino, können aber nicht herausfinden, ob es noch in Betrieb ist. Und es gibt die Läden, die Dinge anbieten, von denen sie wissen oder hoffen, dass es die Touristen interessiert. Denn es gibt doch einigen Besuch in der Stadt, kleine Hotels, Pensionen und AirBnBs. Vor dem Sali e Tabacchi lassen sich die Einheimischen nieder. Salz wird hier lange nicht mehr angeboten, dafür bekommt man einen Kaffee, Eis und Süßigkeiten.
Nachdem die Tagestouristen entschwunden sind, leeren sich die Gassen. Die Straßenlaternen erleuchten und es wird stimmungsvoll im Ort. Ein reizvolles Ambiente für Träumereien und Filmschaffende. Wir drehen nochmals eine Runde, kommen an der Burg vorbei und genießen den Blick von der Ponte Romana. Die Stadtfassade wird jetzt farbig illuminiert und wir hören fast die Kompositionen von Vivaldi oder Puccini, die zu diesem Spektakel erklingen könnten. Ja, einer der schönsten Orte Italiens.