Durch seine dezente Beleuchtung hat der Markt in Kutaissi etwas Anheimelndes. Es wirkt gemütlich, wie die Menschen hinter ihren Ständen hocken und miteinander umgehen. Sie haben hier scheinbar nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern den Platz ihres Lebens gefunden. Die Waren sind zudem liebevoll arrangiert und das Ambiente erinnert eher an einen Weihnachtsmarkt als an den Wochenmarkt einer Stadt im Westen Georgiens. Kutaissi ist mit knapp 150.000 Einwohner*innen die drittgrößte Stadt der transkaukasischen Republik und Tagungsort des georgischen Parlamentes.
Der Markt ist voller Gerüche und Farben: Gewürze, Kräuter und Tinkturen. Die angebotenen Bohnen, Samen und Nüsse sind haltbarer als das Fleisch des Schlachters.
Er muss sich sorgen, dass seine Waren verkauft werden. Es wurde frisch geschlachtet, aber das Fleisch hängt ungekühlt am Haken und wartet auf den Verkauf.
Außerhalb der Markthalle schwindet die lauschige Stimmung. In Kuhlen des Straßenpflaster hat der Regen Pfützen hinterlassen. Die Händler*innen sitzen auf Hockern oder Bordsteinkanten und bieten das Wenige an, das der eigene Garten oder kleine Betrieb hergibt. Durch die Abschirmung der Gebirge des Kaukasus vor Winterstürmen aus Russland und Wüstenwinden aus dem Iran existieren in Georgien gute landwirtschaftliche Bedingungen. Viele ackern aber allein für die eigene Versorgung und verkaufen nur den geringen Überschuss.
Das hier angebotene Fleisch kann allerdings nicht so schnell verderben: die Hühner leben noch. Ich habe nicht gesehen, ob sie beim Verkauf geschlachtet werden oder flatternd das Areal verlassen.
Erst in der Dämmerung bekommt auch der Außenbereich eine heimelige Atmosphäre. Nach und nach werden an den Ständen und in den kleinen Läden die Lichter angeknipst. Die Markthalle ziert von außen ein Relief aus der Zeit der russischen Avantgarde der 1930er Jahre. Am Abend wird es illuminiert.