Berlin: Gestorbene DDR

Auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof liegen sie alle, die Kulturgrößen der Deutschen Demokratischen Republik. Ein Klassentreffen der aus dem Exil Zurückgekehrten. Aus den USA und Mexico, aus der UdSSR und Palästina, aus Paris, Prag und Zürich. Sie kamen, um eine neue Gesellschaft, ein neues Deutschland aufzubauen. Sie gründeten die Deutsche Akademie der Künste in Ost-Berlin und wählten Heinrich Mann zu ihrem Präsidenten. Da dieser starb, bevor er sein Amt antreten konnte, wurde Arnold Zweig der erste Präsident und Berthold Brecht zum Vizepräsidenten berufen. Johannes R. Becher wurde Kulturminister der DDR und textete eine Hymne für die junge Nation: Auferstanden aus Ruinen, deren Vertonung  Hanns Eisler übernahm. Brecht gründete mit seiner Frau Helene Weigel das Berliner Ensemble und sie engagierten Hanns Eisler und Paul Dessau für die musikalische Interpretation der neuen Stücke.

Anna Seghers – mit bürgerlichem Namen Netty Radvanyi – wurde zum Gründungsmitglied der Deutschen Akademie der Künste berufen und sie wurde erste Präsidentin des Schriftstellerverbandes der Deutschen Demokratischen Republik.
Die Präsidentschaft des P.E.N.-Zentrums der DDR übernahm der Autor und Verleger Wieland Herzfelde.

Herzfelde wurde wie sein Bruder John Heartfield und der Literaturwissenschaftler Hans Mayer zu Mitgliedern der Deutschen Akademie der Künste gewählt. Doch nachdem die ersten Gründungsmitglieder starben, starben mit ihnen auch Ideale. Heartfields Gesuch, in die SED aufgenommen zu werden, wurde abgelehnt. Hans Mayer kehrte nach einem Besuch in der BRD nicht zurück. Die freien Ausdrucksformen der Kunst passten immer weniger zu einem System, dass sich selbst beobachtete und reglementierte. Das Sterben der Deutschen Demokratischen Republik begann.

Eine neue Generation versuchte, die alten Ideale zu halten. Als enger Freund von Erich Honecker bemühte sich Stephan Hermlin um ein Verständnis zwischen Politik und Kultur. Auch Heiner Müller und Christa Wolf blieben in der DDR und versuchten die Vermittlung. Doch letztlich wurde Christa Wolf vom Schriftstellerverband ausgeschlossen und Heiner Müllers Stücke wurden abgesetzt oder gleich verboten. Er feierte Erfolge im Westen, Wolfs Bücher erschienen weltweit und die DDR steuerte ihrem Ende entgegen.

Nach deren Ende gab es Bemühungen, Ideale eines Demokratischen Sozialismus im vereinigten Deutschland zu etablieren. Der Kulturwissenschaftler Lothar Bisky engagierte sich für eine linke Partei, der Sozialökologe Rudolf Bahro bei den Grünen. Bärbel Bohley arbeitete daran, das Unrecht der SED aufzuarbeiten. Jetzt liegen sie neben der Gründergeneration auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof.

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